Beim Outdoor-Theater im Rahmen der Sommerwerft 2014 befassten sich mehrere Stücke mit dem Thema Obdachlosigkeit. Das Leben, die Träume aber auch Ängste von Menschen, die auf Straßen und Plätzen oder unter Brücken, in Parkanlagen oder Hauseingängen leben, wurde in unterschiedlicher Form aufgegriffen.

Die Dicke spielt Medea

Bei der sensiblen Figurentheater-Inszenierung "Die Dicke - spielt Medea" ist es die tragische Geschichte einer einsam durch die Straßen streifenden Frau – genannt "Die Dicke." Begleitet von ihrem Trolley, lässt sie sich, schmutzig und verlottert erscheinend, jeden Abend an einem anderen Ort nieder, um aus ihren Plastiktüten die Bruchstücke ihrer Lebensgeschichte zu ziehen.

Lager aufschlagenSortieren der Erinnerungen

Ein altes Kofferradio, abgetragene Kleidung sowie das ein oder andere Erinnerungsstück aus besseren Zeiten lassen den Betrachter auf ein früheres Leben und tragische Entwicklungen schließen, die diese gesellschaftliche Randfigur in den Zustand, in dem sie sich dem Publikum nun präsentiert, gebracht haben.

Dabei greifen dann sowohl scharfe Gesellschaftskritik als auch bitter-ironisch anmutende Selbstdarstellung der Hauptfigur ineinander.

"Kindergeburtstag"Zerstörung

Besonders eindrucksvoll wirken die abschließenden Momente in dem Stück ohne Text, in denen Puppen, die für die möglicherweise realen oder vielleicht auch nur erträumten Kinder der "Dicken", verkörpert von Schauspielerin Julia Raab, stehen mögen – nach der skurril anmutenden Imitation einer Geburtstagsfeier – von ihr letztendlich zerstört werden. Durch diesen symbolischen spielerisch-destruktiven Akt des Kindermords, gerät die verlassene, erniedrigte und ins Exil der Obdachlosigkeit gedrängte "Dicke" endgültig zu einem modernen Abbild der tragischen und vielschichtig erscheinenden Frauenfigur aus der klassischen Antike.

 

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