Eine der schönsten und abwechslungsreichsten mittelalterlichen Veranstaltungen Deutschlands konnte am zweiten September-Wochenende A. D. 2012 erneut tausende von Besucherinnen und Besuchern aus der Rhein-Main-Region und weit darüber hinaus mit einer einzigartigen Mischung aus Markt, Musikfestival, Unterhaltung und vielfältigem Rahmenprogramm begeistern.

Feierliche Eröffnung des "Mercatus Annualis"

In diesem Jahr galt es beim Hayner Burgfest im hessischen Dreieichenhain auch ein besonderes Jubiläum zu begehen: es wurde der ersten urkundlichen Erwähnung des Marktes "Herrenborn" vor 475 Jahren gedacht. Daher rührte auch das von den Veranstaltern gewählte Motto "Mercatus annualis – Gilden, Zunft und Gaukeley".

Stelzenartistin

Im Fokus des Spectaculums sollten daher Handel, Handwerk und Jahrmarkttreiben stehen. Passend zum feierlichen Anlass, spielte bei dieser Auflage des Festes auch die Witterung durchgängig mit. Sonne und Hitze hatten es dabei zeitweise sogar fast ein wenig zu gut mit Mitwirkenden und Publikum gemeint, so dass beispielsweise der ein oder andere Auftritt der Künstler und Darsteller zur schweißtreibenden Angelegenheit geriet oder unter strahlend blauem Himmel schattige Plätze oft zur Mangelware wurden.

Konzerte

Doch besser so, als wenn es stattdessen – wie noch kurz zuvor – herbstlich kühl oder gar verregnet gewesen wäre. Zur stimmungsvollen Atmosphäre trugen die hohe Dichte von Festteilnehmern in historischen Gewandungen und das Ambiente der von der Burgruine geprägten Altstadt nicht unerheblich bei.

Tiefblauer Himmel über der Ruine

Für die Freunde mittelalterlicher Musik war von den Organisatoren des Hayner Burgfestes wieder eine Art kleines Festival auf die Beine gestellt worden:
Mittelalterliche Klänge am Hayn (u. a.: mit Faun, Saor Patro, Schelmish und Undschuldig).

Wer sich auch nur einen annähernd umfassenden Überblick über die Vielfalt des beim Burgfest Gebotenen verschaffen wollte, musste wohl mehr als nur einen Tag in Dreieichenhain verbringen.

Zu begeistern wussten auch die Feuerkünstler von "Lord of the Fire" aus dem benachbarten Egelsbach, die ihren großen Auftritt nach dem Konzert von Faun am Freitagabend hatten. Hierbei wurde eine eigens für das Burgspektakel entwickelte Feuershow mit actionreichen und romantisch-mystischen Passagen unter dem Titel " Die Feuerschmiede" präsentiert.

Lodernde Flammen

Dabei gab es, neben klassischen Feuerjonglagen sowie diversen Pyroeffekten, auch neuartige und aufregende Elemente zu bewundern, bei denen sich die Artisten zeitweise in Spiralen aus feurigen Nebel einhüllten oder etwa mit entflammten Gerippen von Schirmen die Bühne bespielten.

Feuernebel

Auch der Auftritt der Band Saor Patrol wurde zeitweise von Mitgliedern der Gruppe mit furiosen Feuerelementen und Pyro-Effekten untermalt.

Besonders ausgebaut war in diesem Jahr der Jahrmarktbereich. Dort wurden neuartige Karussell-Attraktionen, wie etwa ein handbetriebenes Wikinger-Karussell oder eine Schiffschaukel, geboten. Mäusetheater und - roulette sorgten insbesondere bei den kleineren Festbesuchern für große Begeisterung. Dazu gab es u. a. auch ein Kinder-Ritterturnier, eine Märchenburg oder einen Schießstand mit dessen Kanonen ein hölzernes Schiff in Einzelteile zerlegt werden konnte.

Wikinger-Karussell

Zahlreiche Gaukler wie der Kölner Jeck "Narrenkai" mit seinen Comedy-Jonglagen sowie "Deutschlands einzige (?) Gauklerin – Tanja Wirbelwind" sorgten mit ihren Tricks, humorvollen Einlagen oder kleinen Stücken an allen Orten des Festgeländes für beste Unterhaltung. Dazu kamen Stelzenläufer, Tanzgruppen und Akrobaten.

Tanja Wirbelwind

Natürlich durfte auch ein Turnier – trotz des diesjährigen Markt-Schwerpunkts – nicht fehlen. Die teilweise aus Schottland stammenden Ritter und ihre edlen Streitrösser mussten diesmal halt, in einer eigens geschriebenen und von Axel Loh und seinem "Herold Flynn Team inszenierten Rahmenhandlung, unter dem Titel "Gildenspiel – Turnier der Kaufleute" zum Kampfe antreten.

Aufzug der Ritter

Hunderte von Zuschauerinnen und Zuschauern hatten sich jeweils zu den verschiedenen Aufführungen rund um den Turnierplatz versammelt um den Reitern bei ihren verschiedenen reiterlichen und kämpferischen Kunststücken, wie etwa Ringe-Stechen oder Tjost, zuzusehen.

Halsabschneider

Durch die spätsommerliche Hitze geriet dabei aber nicht nur der Kampf, sondern allein schon das Zuschauen, zur Anstrengung, so dass Akteure und Publikum die ein oder andere Abkühlung gut vertragen konnten.

An Marktständen und Buden, wurde auf dem "Herrenborn" ein buntes Allerlei an mittelalterlichen Waren feilgeboten. Kleidung, Spielzeug, Trinkhörner oder verschiedene Objekte aus den Bereichen Glas- und Metallkunst waren ebenso im Angebot wie Seifen, Kräuter und sonstiger Zierrat. Entspannung und Körperpflege konnte man bei Badern und Masseuren finden. Stände mit historischen Weinen, unterschiedlichsten Met-Variationen, Spezialbieren oder diversen Whiskey-Sorten rundeten das vielfältige Angebot ab.

Deftige Genüsse

Für die kulinarischen Bedürfnisse und das leibliche Wohl der Festbesucher war ebenfalls wieder bestens gesorgt. Die Düfte von deftigen Spezialitäten verbreiteten sich überall auf dem ganzen Gelände.

Abendliche Stände

Wer auf etwas Süßes stand, konnte seinen Appetit beispielsweise mit frisch gemachten Apfelkringeln oder anderem Backwerk stillen. Diverse Tavernen und Getränkestände boten darüber hinaus von Metbier bis hin zu kühlem Minztee alles an.

Erneut scheint es unmöglich allen gebotenen Attraktionen des Hayner Burgfestes auch nur annähernd gerecht zu werden. Gelegentlich geäußerte Kritik an angeblich zu hohen Eintrittspreisen erscheint – angesichts der Vielfalt des hier Gebotenen – absolut nicht angebracht.

Trubel im Graben

In Dreieichenhain war und ist – im Gegensatz zu anderen Mittelalter-Events – jeder "Goldrand-Taler" wirklich gut angelegt, zumal die Eintrittskarte gleich auch als Kombiticket für den gesamten öffentlichen Nahverkehr im Rhein-Main-Verkehrsverbund genutzt werden konnte und der am Wochenende ausgedünnte Fahrplan der Dreieichbahn erneut durch einen bequemen Shuttle-Bus-Service zum Festbereich ergänzt wurde. Hier könnten sich die Veranstalter anderer mittelalterlicher Veranstaltungen und Märkte in ländlichen Bereichen, die unverständlicherweise immer noch fast ausschließlich auf mit dem Auto anreisende Besucher ausgerichtet sind, eine große Scheibe abschneiden.

Wachen, wachen

Ganz wenig Kritik bleibt auch: Einige, wenige Anbieter gerade aus dem Gastro-Bereich sollten vielleicht doch die Preisgestaltung ihrer Waren noch einmal überdenken. Hier erscheint das Preis-Leistungs-Verhältnis manchmal noch verbesserungsfähig.
Sehr schön übrigens, dass in diesem Jahr nicht nur an die Fans der lauteren mittelalterlichen Musikgruppen gedacht hat! Wenn man aber eine keltische Harfenspielerin oder unverstärkte Gruppen einlädt, sollten diese, zumindest zeitweise, auch die Möglichkeit erhalten, ihre Kunst in einem angemessenen Rahmen zu präsentieren – vielleicht in einem akustisch etwas abgeschirmten Bereich (vielleicht ein Extra-Zelt beim Turney-Platz oder der Märchenburg).

Schade auf jeden Fall, dass es nun bis zum nächsten Hayner Burgfest – dann unter dem Motto "Pax et Libertas – Freyheit und Frohsynn" vom 13. bis 15. September 2013 – wieder ein ganzes Jahr hin ist. Zumindest dann, wenn die Welt im bevorstehenden Dezember 2012 nicht doch noch untergehen sollte.

 

Galerien 

 

Feuershow von Lord of the Fire:

 

  

Turnier:

 

Festtreiben - Vaganten & Gaukler:

 

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