Am zweiten September-Wochenende zog das Hayner Burgfest auch im Jahr 2023 wieder zahlreiche Mittelalter-Fans – bei sehr sommerlichen Bedingungen – ins Hessische Dreieichenhain. Endlich vermochte das Fest wieder nahezu komplett an die Zeit vor 2020 anknüpfen, da auch der Turnierplatz als Veranstaltungsfläche wieder in das Festgeschehen einbezogen werden konnte.
Mit dem Motto "Celebratio Civitas – Met, Gesang und Schwerterklang" wurde von den Veranstaltern diesmal besonders das bunte Treiben im Zusammenspiel zwischen Besuchern, Händlern und Künstlern auf dem Markt- und Festgelände in den Vordergrund gerückt.
Etwa einhundert Handwerker und Händler verteilten sich über das Areal im Bereich der Burganlage mit der historischen Altstadt und gewährleisteten ein lebendiges Marktgeschehen. Vertreten waren dabei u. a. Schmiede, Schmuckgestalter, Gewandschneider, Textilhandwerker oder Spielzeug-Hersteller. An den verschiedenen Ständen wurde den Gästen auch immer mal wieder ein direkter Einblick in die aufwendige Fertigung der präsentierten Produkte und Waren gewährt.
Hunger und Durst der Festbesucher konnten problemlos bei den zahlreichen Schankwirten, Tavernenbetreibern, Bratereien und Süßwarenständen mit den unterschiedlichsten Getränken und kulinarischen Spezialitäten gestillt werden.
Herausragend war auch wieder das umfangreiche und vielfältige Kulturprogramm des Burgfestes. Auf den großen und kleinen Bühnen, aber auch mitten im Marktgeschehen, boten Spielleute, Gaukler und Artisten mit ihren Konzerten und Vorführungen beste Unterhaltung auf hohem Niveau.
Für ein überfülltes Festgelände und für großes Gedränge vor der Hauptbühne bei der Ruine sorgte am Samstagabend, wie im Vorfeld schon abzusehen war, der glanzvolle Auftritt der Gruppe Schelmish2.0 aus dem rheinischen Bonn, die schon bis zur früheren Auflösung der Band im Jahr 2012 immer ein "Garant für ein volles Haus" waren und auch die Burgfest-Hymne "Fastradas Ring" komponierten.
Zahlreiche Fans aus nah und fern waren extra angereist, um wieder einmal in den Genuss des Sounds der wiederauferstandenen musikalischen Schelme mit ihren dröhnenden Sackpfeifen und machtvoll drängender Perkussion unter der bewährten Leitung von Bandchef Dextro zu kommen.
Und obwohl die Band, vor dem Konzert, "nur drei Mal proben" konnte und zudem auch neue talentierte Musiker integriert werden mussten, waren tatsächlich keinerlei Ermüdungs-Erscheinungen oder gar musikalische Schwächen spürbar.
Dementsprechend begeistert ging das Publikum bei den verschiedenen Songs und mittelalterlichen Klassikern – bei zeitweise überschäumender Stimmung – klatschend, tanzend und hüpfend mit.
Nach über zehn Jahren erlebten auch die Spielleute von "Tumultus Simplex" ihre musikalische Wiederauferstehung auf den Bühnen des Burgfestes. Mit viel Spielfreude sorgten auch die Musiker der Gruppe "Maleficius" immer wieder für gute Laune bei den Zuschauern.
Einen ganz eigenen klanglichen Akzent setzten die "wilden Nordmänner und Schildmaiden" der Band "Tamburo bant Skaldar" aus Weinheim mit ihrer Kombination von mächtigen Trommeln und mittelalterlichen Sackpfeifen mit schottischen Elementen und verschiedenen nordischen Klängen.
Das Herold Flynn Team aus Groß-Ostheim inszenierte auf dem Turnierplatz wieder einmal ein aufwendiges Ritterspiel. Unter dem Titel "Ritterbund – von Fehde und Ritterehre" wurden dabei sowohl witzig, unterhaltend, aber auch durchaus nachdenklich, Turnierelemente, reiterliche Kunst, Wortwitz und politische Seitenhiebe gegen eine machtgierige Obrigkeit vorgeführt.
Als ein Highlight präsentierte in diesem Jahr der Meister der Kontaktjonglage "Kelvin Kalvus" aus dem sächsischen Dresden, der zu Beginn seiner Künstler-Karriere beim "RTL-Supertalent" 2008 den zweiten Platz belegte, verschiedene artistische Shows mit einer sich immer weiter steigernden Anzahl von kreisenden, gleitenden und scheinbar auch schwebenden Kugeln. Die virtuosen Auftritte waren dabei eingebettet in wechselnde mystische Handlungen – etwa mit zahlenmagischen Elementen – und umhüllt von atmosphärisch passenden Sphärenklängen.
Auch die quirlige "Tanja Wirbelwind" aus Nidda bot mit Anmut, Gaukeley, Grazie und viel Körperbeherrschung – trotz großer Hitze in den Mittagsstunden – ein dynamisches Programm mit Jonglage-Elementen und Artistik bei dem sie an der Hauptbühne aber auch bei der kleinen Bühne im Marktbereich Herrenborn mit verschiedenen Auftritten (darunter auch einer kleinen Feuershow) zu überzeugen wusste. Zwischenzeitlich war sie aber auch – mit raumgreifenden Schritten – als Walking-Act auf Stelzen im dichten Markttreiben unterwegs.
Mit wilder Jonglagen von Keulen, Schwertern und Fackeln sorgten zudem die beiden "Haudegen" von "Opus Furore" aus Berlin für ein artistisches Spektakel.
Den kleineren Besuchern wurde ebenfalls eine große Auswahl mit mittelalterlichen Spiel- und Mitmach-Angeboten wie Bogenschießen, Specksteinschnitzen, Kinderschminken oder Märchenlesungen präsentiert. Auch eine Reise auf dem Handkurbel-Karussell sorgte für viel Spaß. Ein neues Element, das strahlende Kinderaugen erzeugte, war zudem "Luckys Ziegengespann" vom Ziegenhof Bär aus Schotten mit seinen weißen Deutschen Edelziegen, das immer wieder an verschiedenen Orten auf dem Festgelände unterwegs war.
Auch die schon traditionelle große Feuershow durfte in diesem Jahr natürlich nicht fehlen. Für "Flammentanz & Feuerreigen" sorgten am späten Samstagabend u. a. die Künstler der Gruppe "Spiral Fire" aus dem hessischen Naumburg. Obwohl es nach dem Auftritt von Schelmish2.0 sicher nicht leicht war, die Stimmung hochzuhalten, gelang es ihnen mystische Elemente und Feuerkunst in faszinierenden, dynamischen Bildern aus Licht und Schatten in einer atemberaubenden Choreografie miteinander zu verknüpfen, sodass Publikum auch ihnen zum Abschluss begeistert applaudierte.
Das umfangreiche Programm wurde zudem durch Kammerkonzerte, wissenschaftliche Vorträge, Workshops und diverse Handwerker-Vorführungen abgerundet.
Insgesamt wurden den Besucherinnen und Besuchern von Organisatoren und Mitwirkenden in den zweieinhalb Tagen des Hayner Burgfestes wieder einmal viel Abwechslung und zahlreiche unvergessliche Momente geboten, sodass die Festzeit im spätsommerlichen Dreieichenhain wieder einmal viel zu schnell vorüber war. Aber eine Neuauflage ist vom 06. bis zum 08. September 2024 auf Burg Hayn unter dem neuen Motto "Kurzweyl, Schmaus und Schabernack" glücklicherweise bereits in Sicht.
Keine Verantwortung tragen die Veranstalter dafür, dass die Anreise zum Hayner Burgfest mit den öffentlichen Verkehrsmitteln – insbesondere Dank der Deutschen Bahn – mittlerweile immer mehr zu einem unkalkulierbaren Glücksspiel gerät. Bedauerlicherweise kann man sich somit nicht mehr sicher sein, dass das Mittelalter-Event in einer annehmbaren Zeitspanne aus der Region heraus erreicht werden kann oder dass man nach Abschluss wieder – ohne große Zugausfälle (wie etwa am Samstagabend nach der Feuershow bei der Dreieich-Bahn), unnötige Umwege und langwierige Störungen – sicher nach Hause gelangt.
